Claus Lochbihler
Andy Scheffel – Trompeter, Flügelhornist und Biologe
Wüßte man nicht bereits, daß man es bei Andy Scheffel mit einem leidenschaftlichen Trompeter und Flügelhornisten zu tun hat, so würde man dies in seiner Kumpfmühler Wohnung bereits kurz nach dem Betreten herausfinden: Von den Wänden lächeln und blasen einen in ungezählten Aufnahmen die Heroen der Jazztrompete an – von Satchmo über Dizzy Gillespie, Miles Davis und Clifford Brown bis hin zu dem besonders verehrten Freddie Hubbard. Und selbst die Schrankwand zeugt von der Liebe Scheffels für ein Instrument, das wie kein anderes bereits kleine Unregelmäßigkeiten beim Üben unbarmherzig und schnell mit Ansatzproblemen abstraft: Auf Sitzhöhe hat Andy Scheffel eine quadratische, schallisolierte Sperrholzkiste der Marke Eigenbau mit eingebautem Mikro und Kopfhöreranschluß integriert, in die der schüchtern-bescheidene Perfektionist, der in Sachen Jazz „eigentlich nie“ mit sich zufrieden ist, immer dann hineinsoliert, wenn ihn das Übungsfieber zu allzu unchristlichen Zeiten überfällt.
Angefangen hat der gebürtige Pfarrkirchener unter dem Einfluß seines Vaters, eines Hobby-Jazzers, dessen glitzernde Trompete den kleinen Andy schon sehr früh faszinierte. Endgültig war es um ihn jedoch erst geschehen, als er mit 13 Jahren auf den bis heute bewunderten Louis Armstrong abfuhr. Wenig später entdeckte er Buck Clayton für sich und wurde von Big- Band-Kollegen mit dem modernen Jazz vertraut gemacht. Über sein Studium gelangte der Autodidakt vor zehn Jahren schließlich nach Regensburg, wo er bald als der Trompeter der hiesigen Szene mit seinem technisch und stilistisch an Freddie Hubbard und Woody Shaw orientierten Spiel den Sound von zwei Gruppen prägte, die aus der Regensburger Szene nicht mehr wegzudenken sind:
No Licks, No Tricks, die beim Jazz-Weekend schon mehrfach zu den Abräumern zählten, bringen ebenso gut arrangierten wie rasant-eleganten Hardbop zu Gehör. Gerade die Ausgefeiltheit der Arrangements erlaubt es Andy Scheffel, den Jazz hier ganz besonders als „Risiko-Musik“ anzugehen – allerdings nicht im Sinne eines „anything goes“, sondern als spontane Kommunikation von Musikern, die seit Jahren aufeinander eingespielt sind. Zusammen mit Tenorsaxophonist Frank Duschner gehört Andy Scheffel noch zur Originalbesetzung, wo nun Wolfgang Berger für Thomas May den Bass zupft und der junge Nico Zacher aus der Drummerschmiede von „Scotty“ Gottwald anstelle des viel zu früh verstorbenen Kurt Thalhammer für den Rhythmus sorgt. An den Tasten sitzt mit Gerhard Francesconi ein Pianist, den Andy Scheffel als Jazz-Kollegen und „Kompositionsberater“ ganz besonders schätzt. Die beiden arbeiten derzeit auch an einem Duo-Programm, auf das man gespannt sein darf. Gleich geblieben ist im Kern das zumeist eigenkomponierte Repertoire – Nummern aus der Feder von Andy Scheffel, der als frisch promovierter Biologe seine mittlerweile rund 40 Kompositionen immer wieder mal nach den Fischen benennt, die den Gegenstand seiner Doktorarbeit bildeten: Afrikanische Nilhechte oder Elektrofische, deren Kommunikationsvermögen Andy Scheffel in vierjähriger Arbeit untersucht hat.
Auf ihre Art elektrisiert auch Andy Scheffels zweite Band mit dem programmatischen Namen Different Generations. Hier umgarnt seine Trompete nicht nur das wunderbar ausdifferenzierte Tenorsaxophon von Jouli Smirnov, sondern auch die Gitarre von Gerhard Kraus, die sich als dritte Stimme immer wieder in die Bläsersätze einklinkt. Ebenso erstklassig auch die Rhythmusgruppe, in der sich das Konzept der „Different Generations“ ganz besonders abbildet. Am Schlagzeug mit Max Lachmann ein gefragtes Weidener Jungtalent, an Bass und Piano zwei abgeklärte „alte Hasen“: Manfred Hartlieb („Der General“) und Eduard Israelov, ein subtiler, ungemein klar spielender Jazzpianist, der auf eine langjährige Erfahrung als Arrangeur des Georgischen Rundfunkorchesters zurückblicken kann. Stilistisch handelt es sich bei den Different Generations um eine Hymne an den Hardbop – blitzsaubere Arrangements von Klassikern der 50er und 60er, die sich mehrheitlich um einen Pianisten und „Großkomponisten“ des Jazz drehen, der auch mit seinen Trompetern stets auf der Höhe der Zeit war: Horace Silver.