mälzels magazin, Heft 3/2004, S. 3
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Michael Wackerbauer
Editorial
Und da tauchte sie doch wieder auf – als Dekoration
zwar nur, stark abgespeckt und reichlich angestaubt:
die Musik – bei der RMMX-Bewerbung Anfang Juli in
Berlin, vorgetragen von einem etwas verloren wirkenden
Kulturbotschafter-Spätzlein aus unserer schönen
Domstadt: „Als wir jüngst in Regensburg waren...“
Und dann auch noch mit dem verbogenen Text, mit
dem wir so gern unsere heimliche Stadthymne als
Strudellied anstimmen.
Dabei hätte die von Hoffmann von Fallersleben überlieferte
originale Fassung, in der Regensburg freilich nur
eine periphere Rolle spielt, auch ganz gut in das Bewerbungsprofil
gepaßt: „Als wir jüngst von Regensburg kamen,
sind wir über den Strudel gefahren“ – tatsächlich
also über den einst so gefährlichen Strudel bei Grein in
Österreich, den die „schwäbischen, bairischen Dirnen“
auf dem Weg in ihre neue Heimat Ungarn passieren
mußten. Nicht die beschaulichen Wirbelchen an der
Steinernen Brücke, auf die wir so stolz sind, sondern
ein Stück deutsch-ungarischer und damit europäischer
Geschichte des 18. Jahrhunderts wird in dem Lied
thematisiert: die Siedlungspolitik und Kolonisierung
der entvölkerten Donaugebiete nach der Vertreibung
der Türken durch Prinz Eugen.
„Osteuropa-Kompetenz“ und die „Nähe“ der Donaustadt
zu Ungarn – das bekanntlich 2010 ebenfalls
eine Kulturhauptstadt Europas stellen wird – zählt man
zu den Pluspunkten Regensburgs bei der Bewerbung.
Daran wollen auch wir ein loses Band knüpfen, festgemacht
an einer Kulturhaupt-Stätte, die Regensburg
wenige Kilometer donauabwärts besitzt: Franz Liszt,
Europäer ungarischer Abstammung, kommt zu Wort,
der sich im Rahmen seines Artikels über Berlioz und
seine Haroldsymphonie mit Rauchs bildhauerischen
Werken für die Walhalla beschäftigte.
Die Walhalla stellt auch das Bild der Schlußapotheose
im Historisch-poetischen Festspiel Ratisbona
von Raimund Gerster und Leonhard Kleiber, dessen
konzertante Aufführung im vergangenen April auf
CD konserviert wurde. Im Jahr 1910 gönnte Kleiber
dem Strudellied in der Ouvertüre immerhin einen
symphonischen Zugriff...
Michael Wackerbauer
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