Mälzels Magazin

Zeitschrift für Musikkultur in Regensburg

Schriftzug Mälzels Magazin
Hefte2005Nr. 1
mälzels magazin, Heft 1/2005, S. 18–19
URL: http://www.maelzels-magazin.de/2005/1_06_hochschuljazz.html

Juan Martin Koch

Hochschul-Jazz, ganz unakademisch

Das University Jazz Orchestra Regensburg im Portrait

Sechs Stunden Tanzmusik an einem Abend – was manch einem Jazzer wie eine Bestrafung vorkommen muß, erwieß sich für die Mitglieder der Uni Big Band (zumindest im Nachhinein) als Glücksfall: Für den Winterball der Universität zu spielen, bedeutete ein Semester lang, Woche für Woche neue Stücke aufs Pult gelegt zu bekommen. „Seither ist Blattlesen kein Problem mehr“ – Wolfgang Dersch, seit fünf Jahren Leiter des University Jazz Orchestra Regensburg (UJO) ist sich sicher: „Das war einer der ganz wichtigen Schritte, den die Band in den vergangenen Jahren gemacht hat.“ Ein anderer war die 16tägige USA-Reise, an deren Ende die Musiker um die 40 Prozent besser gespielt hätten. „Die Amerikaner haben so eine Art, dein Selbstbewußtsein zu unterstützen. Wir kamen zurück und der eine brauchte auf einmal eine neue Trompete, der andere ein neues Mundstück ... das war ein unglaublicher Schub, der da ausgelöst wurde.“ Dersch kennt die Bigband-Arbeit an den amerikanischen Highschools und Universitäten von einem längeren Studienaufenthalt. „An der North Texas State University gibt es neun Bigbands in aufsteigenden Qualitätsstufen. Die beste ist praktisch eine Profi- Formation, die landesweit anerkannt ist. Jedes Jahr gibt es Auditions, und man kann in die nächst höhere aufsteigen. Wenn du Freitag mittag heimgehst, weißt du genau: da steht noch einer im Übezimmer, der will demnächst deinen Platz einnehmen.“ Auch im Highschool-Bereich gilt ein Leistungsbezug, der sich überregional bemerkbar macht. „Fünftbester Saxophonist im State of Michigan zu sein – das ist doch was. Darauf arbeiten die jungen Leute hin.“ Das Umfeld, aus dem die Mitglieder der Uni-Bigband stammen, ist da meist ein ganz anderes. Sie kommen oft von der Klassik her oder haben nur wenig Swing-Erfahrung aus den diversen Schul-Bigbands, die häufig eher Blasorchester sind – in den Besetzungen, die eben gerade möglich sind. Auch in der Musikpädagogik, in deren Studiengang die Band integriert ist, entsprach die Besetzung mit sieben bis acht Saxophonen anfangs nicht dem Standard, durch die Fluktuation hat sie sich dem Originalsound aber nach und nach angenähert und entspricht ihm seit etwa einem Jahr exakt. Auch der Anspruch hat sich in den Jahren seit der Neugründung 1999 durch den Leiter des Fachgebietes Musikpädagogik, Bernhard Hofmann, und nach der Übernahme durch Wolfgang Dersch stetig gesteigert. Konnten anfangs nur „easy packs“ gespielt werden, legt Dersch mittlerweile schon Arrangements des Levels 5 bis 6 auf, also kurz vor dem höchsten Schwierigkeitsgrad. „Nicht ein ganzes Konzert lang, aber einzelne Nummern. Danach verlangen sie mittlerweile schon fast.“ Fordern, nicht überfordern. Das ist ein Grundsatz, den Dersch einzuhalten versucht. Ein anderer ist die stilistische Vielfalt, die er seinen Musikern abverlangt. Swing, Latin, Funk, Rock, Pop und eben Tanzmusik, Juan Martin Koch Hochschul-Jazz, ganz unakademisch Das University Jazz Orchestra Regensburg im Portrait Das UJO bei der Erstsemesterbegrüßung im Audimax Foto: Koch 19 das sind die Gebiete, in die sich die angehenden Schulmusiker – sie machen etwa 60 bis 70 Prozent der Band aus – und Studierende anderer Fakultäten vom Jazz ausgehend aufmachen. Und das mit höchst beachtlichen Resultaten, wie Auftritte zu zahlreichen Gelegenheiten beweisen. Da kann es schon mal passieren, daß sich eine ansonsten eher unspektakuläre Veranstaltung namens Erstsemesterbegrüßung zu einem mittleren Konzert auswächst, Zugaben – und neuerdings auch CD-Promotion – inbegriffen. Die auch im Layout sehr professionell geratene Scheibe bietet einen gelungenen Querschnitt aus dem derzeitigen Repertoire des UJO. Swing-Klassiker aus dem Fundus der ganz Großen (Glenn Millers „Pennsylvania 6-5000“, „Shiny Stockings“ aus dem Count-Basie-Repertoire) und modernere Nummern wie „Heartland“ von Pat Metheny in dem äußerst anspruchsvollen Arrangement Peter Herbolzheimers (bei dem die Band auch schon in die Lehre gegangen ist) wechseln sich mit hochkarätigen Vokalbeiträgen ab. Steffi Denk und Markus Engelstädter erweisen sich als sichere Mittler zwischen den Stilen, und der Band ist nur selten die enorme Energieleistung anzumerken, die es bedeutet, eine solche Studioproduktion abzuliefern. Die Bläsersätze geraten klar und druckvoll, ohne Anstrengung, manch feine Soli sind zu hören, die den Erfolg von Derschs Arbeit im Bereich Improvisation dokumentieren. Die Universität scheint mittlerweile erkannt zu haben, welch zugkräftiges Aushängeschild sie hier im nicht-klassischen Bereich hinzugewonnen hat, und sicherte die Finanzierung der CD weitgehend ab. Diese Anerkennung kommt zur rechten Zeit, unterstreicht doch die wachsende Zahl an attraktiven Engagements – im vergangenen Jahr etwa der Auftritt beim Jazz- Weekend und das Gastspiel in Brixen – die beachtliche Entwicklung, die das UJO in den vergangenen Jahren vollzogen hat. Eine jährliche Standortbestimmung stellt außerdem das traditionelle November-Konzert im Audimax dar, das jeweils einem Motto oder einer bestimmten Stilistik gewidmet ist und im vergangenen Jahr mit Elli Erl als Sängerin besonders spektakulär ausfiel. Der „Superstar“ aus Regensburg war bis vor zwei Jahren mit rotem Haar und blauer Trompete eine feste Größe der Bigband, mußte dann freilich höherer Berufung folgend aussteigen. Um so enthusiastischer fiel dann natürlich die „Reunion“ aus, ein Galaabend, von der man sich auf der neuen Homepage (www. ujo-regensburg.de) übrigens einen kleinen akustischen Eindruck verschaffen kann. Auch von früheren Auftritten und natürlich von der CD sind dort Hörproben verfügbar, ein schöner Service, der die informative Site gut ergänzt. Bleibt der Uni-Bigband, als die sie trotz des neuen Namens wohl weiterhin angesprochen werden wird, das zu wünschen, was Rektor Alf Zimmer in freier Umdeutung des Repertoire-Highlights „I wish you love“ den Erstsemestern zurief: „We wish you luck!“ Die CD der Uni-Bigband ist zum Preis von 13 Euro (1 Euro an KUNO) im Handel (Media Markt, La Donna Moden, Bücher Pustet, UNI-Markt, Café Opera) und über die Homepage des UJO erhältlich: http://www. ujo-regensburg.de.
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