Mälzels Magazin

Zeitschrift für Musikkultur in Regensburg

Schriftzug Mälzels Magazin
Hefte1999Nr. 1
mälzels magazin, Heft 1/1999, S. 3
URL: http://www.maelzels-magazin.de/1999/1_02_editorial.html

Uwe Müller

Editorial

Würden Sie einmal bei einer Uraufführung dabei sein wollen? Freiwillig einen ganzen Abend lang „schräge“ Musik über sich ergehen lassen? Am 20. Januar haben Sie die Gelegenheit, im Theater am Haidplatz Ihren Mut zu beweisen, wo Sie Enjott Schneiders Kammeroper Albert – warum? „zum ersten Male“ erleben können.

Viele Hörer stehen der heutigen Musik grundsätzlich ablehnend gegenüber, dabei müßte die große stilistische Vielfalt, die gegenwärtig herrscht, doch eigentlich für jeden Geschmack etwas zu bieten haben und dazu ermuntern, sich immer wieder auf’s neue auf das Neue einzulassen. Zugegeben, die Erwartung eines „netten Abends“ muß man wohl schnell aufgeben, darum könnte aber aus dem Überraschungseffekt ein umso angenehmerer Gewinn werden. Ein Werk zu hören, das noch nicht in fünfzehn Büchern erfaßt und auf siebzehn CDs eingespielt wurde, hat doch seinen eigenen Reiz: Gerade das Nichtabgeschlossensein der Urteilsfindung macht die Neue Musik so spannend, da sich der Hörer noch als im Prozeß der bewegten Musikgeschichte befindlich fühlen darf.

In Regensburg wird Neue Musik ohnehin eher selten aufgeführt, so daß die Skeptiker eine gewisse Schonung erfahren – andere mögen es als Entbehrung empfinden. Auch der Riedenburger Franz Hummel, international erfolgreich, wußte mit seinen avantgardistischen Kompositionen beim Publikum mitunter für Aufregung zu sorgen. Dagegen gab es auch immer wieder Bestrebungen von seiten der Musiker, am „bewährten Alten“ festzuhalten und Veränderungen zu tadeln. Man darf ihnen dabei nicht voreilig den Wunsch nach dem Zuspruch der Menge unterstellen, sondern muß nach der ästhetischen Auffassung fragen. Hummel stimmt z. B. in seinem Musical Ludwig II. neue, gemäßigtere Töne an. Ein weiteres, ganz anderes Beispiel geben wir in unserem ersten Beitrag. Das Heil liegt hier wie bei allem wohl in der Vermeidung der Extreme. Eine Möglichkeit, Extreme zu vermeiden, ist aber ihre Auflösung durch die Annäherung und das Vertrautwerden mit dem noch Unbekannten.

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