Mälzels Magazin

Zeitschrift für Musikkultur in Regensburg

Schriftzug Mälzels Magazin
Hefte1999Nr. 2
mälzels magazin, Heft 2/1999, S. 16–17
URL: http://www.maelzels-magazin.de/1999/2_07_landsberger.html

Claus Lochbihler

„Gipsy Feeling“

Die zweite CD des Jazzpianisten Jermaine Landsberger

Ob er einen Bruder namens Roberto habe, der sehr gut Jazz-Piano spiele, wurde Jermaine Landsberger schon mal von einem Musikfreund in Augsburg gefragt, dem er nur unter seinem alternativen Zweitnamen bekannt war. Um ähnliche ‚Verwechslungen‘ in Zukunft zu vermeiden, hat sich Roberto Jermaine Landsberger in Sachen Jazz nun für den Namen entschieden, der alliterativ einfach besser zu „Jazz“ paßt: Als Jermaine Landsberger wird der in Maxhütte-Haidhof lebende Pianist seine zweite CD-Einspielung herausbringen und Anfang April mit seinem Trio und dem Stargast Bireli Lagrene an der Gitarre in nur vier Tagen vier Konzerte bestreiten. Davon eines auch in Regensburg: Zwischen dem ‚Tournee‘-Auftakt in Saarbrücken und dem Konzert beim Django Reinhardt-Festival in Augsburg wird das zum Quartett erweiterte Jermaine Landsberger Trio am 9. April auch im „Leeren Beutel“ zu hören sein.

Seit dem letzten Konzert und seiner ersten CD-Einspielung vor gut einem Jahr hat sich aus Sicht des jungen Sinto einiges getan – darunter zumeist Gutes, aber auch manches, das ihn enttäuscht und getroffen hat. Verärgert zeigt er sich z. B. darüber, daß die erste CD in der Jazz-Presse etwas untergegangen ist – z. T. nur deshalb, weil das dem legendären Zigeunergitarristen Costa Lukacz gewidmete Debüt im Selbstverlag herausgekommen war. Für seine neueste, wieder im eigenen Kellerstudio aufgenommene und gerade beim Abmischen befindliche Einspielung hofft Jermaine Landsberger daher neben den Promotion-Kontakten des Münchner Labels Edition Collage vor allem auf den Zugpferdeffekt durch Bireli Lagrene. Diesen Star unter den in der Tradition Django Reinhardts stehenden Gitarristen konnte Landsberger – selbst ein eingeschworener Gitarrenfreak – diesmal nicht nur für eine kurze Tournee, sondern „against all odds“ (Lagrenes rigides Management!) auch für einen Teil des neuen Albums gewinnen. Auf „Gipsy Feeling“ spielt der Weltklasse-Gitarrist neben dem Titelsong, einer dezent mit Synthie-Klangnebeln unterlegten Ballade, zwar nur auf zwei weiteren Nummern mit, aber die haben's in sich: Sowohl über einen fetzigen BeBop-Blues wie über einen wunderschönen Jazz-Walzer Landsbergers geht Bireli Lagrene ab wie eine Rakete und reißt dabei die Band – mit Eugen Apostolidis am Kontrabass und dem jungen Münchner Schlagzeuger Matthias Gmelin (er ersetzt den bei der ersten CD beteiligten Guido May) – hemmungslos mit.

Weitere Aufnahmen mit Sascha Köhler, dem Sohn des Jazz-Geigers Wedeli Köhler, an der Rhythmusgitarre und der Sängerin Gina Landsberger – der Frau des Pianisten – sind vorerst im Tonarchiv gelandet, da die Bossa-Nova-Nummern zu sehr aus dem stilistischen Rahmen der sonstigen Aufnahmen im Piano-Trio und im Quartett mit Bireli Lagrene gefallen wären.

Landsbergers Begeisterung über das Gitarrenwunder aus dem Elsaß (das von seiner Zeit mit Jaco Pastorius übrigens ebenso gut E-Bass spielen soll wie Jazzgitarre!) und dessen virtuose Musikalität von Django Reinhardt bis zu George Benson wird von einem Ereignis überschattet, das die Musikwelt Anfang des Jahres in Trauer versetzte: Dem Schock über den völlig unerwarteten Tod seines großen Piano-Idols Michel Petrucciani im Alter von nur 36 Jahren – einem Schock, dessen Intensität man wohl nur nachempfinden kann, wenn man Petruccianis Musik so schätzt und genau kennt wie dies Jermaine Landsberger schon seit Jahren tut. Für den kommenden Herbst plant der Pianist eine Hommage an diesen viel zu früh verstorbenen zwergwüchsigen Riesen des Jazzpianos, der auch die zehn Nummern von „Gipsy Feeling“ deutlich mitgeprägt hat: von „Michel’s Tune“ bis hin zu Balladen wie „Flair“, in denen das Trio über dem singenden Bass von Eugen Apostolidis lyrischen Wohlklang à la Petrucciani pflegt.

Mit seiner interessanten Mischung von Einflüssen, die von Petrucciani bis zu spontan sich einstellenden Oscar Peterson-Anklängen („Blues for Oscar“) reichen, in der Betonung auf Eigenkomponiertem und in der pianistischen Adaption und ‚Modernisierung‘ von Django Reinhardt („Nuits St. Germain des Près“) hat Landsberger auf „Gipsy Feeling“ sein individuelles Profil als Jazzpianist weiter schärfen können – an der Seite von Bireli Lagrene, aber ebenso eindrucksvoll mit seinem neuen Trio, das durch den feinfühligen und dynamischen Matthias Gmelin am Schlagzeug nur gewonnen hat.

Jermaine Landsberger Trio featuring Bireli Lagrene: „Gipsy Feeling“, Edition Collage (EC 516-2); Vertrieb: Fenn Musik-Service.

Die Debut-CD „For Costa“ ist 1998 im Selbstverlag erschienen; Kontakt: Jermaine Landsberger, Tel. (0 94 71) 30 18 19

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