Uwe Müller
Wenn der Musikverein Regensburg dieser Tage auf sein 150jähriges Bestehen zurückblicken kann, so ist das natürlich ein berechtigter Grund zu Freude und Stolz. Eine solch lange Zeit das Musikleben einer Stadt maßgeblich mitgestaltet zu haben, ist eine großartige Leistung. Über das Freudestrahlen werden sich aber wohl auch einige Sorgenfalten legen, wenn man den Stellenwert der Kammermusik (als Schwerpunkt der Musikvereins-Konzerte) in der heutigen Zeit mit ihrer Vorliebe für Großprojekte, aufregende Ereignisse und effektvoll inszenierte Events berücksichtigt. Beethovens späte Quartette, gespielt vom besten Streichquartett, würden wohl weit weniger Zuschauer von Chips und Couch weglocken als Sinfonik von Schubert, Brahms oder Rachmaninow mit einem günstig aus Osteuropa eingekauften Orchester bei dreifachem Eintrittspreis. Dabei geht es, nota bene, nicht um einen Vergleich der verschiedenen, berechtigten Angebote, sondern der Nachfrage.
Es ist wohl unbestritten (vielleicht zu wenig bekannt?), daß im Vergleich zur Orchesterliteratur die Kammermusik wesentlich höhere Anforderungen an die Interpreten stellt, einen viel engeren Kontakt zwischen Musikern und Publikum ermöglicht und für die Komponisten oft zu einer Art Bekenntnismusik wurde, in der sie unabhängig von äußeren Zwängen ihr Eigenstes auszudrücken vermochten. Bennoch ist der Zustrom zu Kammerkonzerten in der Regel nicht überwältigend. Vielleicht gelingt es dem Musikverein noch mehr als bisher, dem Regensburger Publikum diese Kostbarkeiten schmackhaft zu machen. Durch die Ausdehnung auch auf Kammerorchesterkonzerte könnte z. B. das Repertoire vor allem mit Musik des Barock und der Moderne bereichert werden. Allerdings würde damit auch das Budget ausgedehnt ...
Der Musikverein hat in der Vergangenheit durch seine Anpassungsfähigkeit auf veränderte, z. T. widrige Umstände geschickt reagieren können, so daß ich zuversichtlich bin, daß er auch in den kommenden 150 Jahren seine wertvollen Beiträge zum Regensburger Musikleben beisteuern wird.