Mälzels Magazin

Zeitschrift für Musikkultur in Regensburg

Schriftzug Mälzels Magazin
Hefte2001Nr. 1
mälzels magazin, Heft 1/2001, S. 14–16
URL: http://www.maelzels-magazin.de/2001/1_06_schrems.html

Juan Martin Koch (jmk) / Ursula Gaisa

Neue CDs

Reger-Lieder
Frauke May und Bernhard Renzikowski

(jmk) Vom Stellenwert, den das Lied im Schaffen Max Regers einnimmt, kann man sich bisher im Konzert und auf Tonträgern kaum ein echtes Bild machen. Nur ein Bruchteil seiner über dreihundert Klavierlieder ist in Einspielungen verfügbar, und so verwundert die stattliche Anzahl von elf Erstaufnahmen auf dieser CD nicht unbedingt. Um so stärker ist der Eindruck, daß damit nicht einfach eine der unzähligen Repertoirelücken gefüllt wird, sondern das Tor zu einem kompositorischen Mikrokosmos ein Stück weit geöffnet wird, dessen Reichtum sich nach und nach auf faszinierende Weise erschließt.

Garant dafür ist das Duo, das sich dieser oft auf engem Raum kondensierten Stimmungs- und Seelenbilder mit der gebotenen Intensität widmet. Frauke May – aus ihrer Zeit am Regensburger Theater noch in bester Erinnerung – verfügt über eben jene „mittlere Stimme“, die Reger für die meisten seiner Lieder vorschwebte: einen in tiefer und mittlerer Lage warm und dunkel timbrierten Mezzo, der in der Höhe die Substanz zu dramatischer Emphase in einer Weise einschließt, welche die ein oder andere im Vibrato nicht voll fokussierte Passage mehr als kompensiert. Die „tiefe Glocke meines Glücks“ erfährt so ebenso leuchtende Ausgestaltung wie das gleichfalls dem Opus 79 entstammende, von Klavierarabesken umwölkte „Um Mitternacht blühen die Blumen“. Bernhard Renzikowski gestaltet seinen oft gleichberechtigten Klavierpart mit viel Sorgfalt im Detail, aber auch mit dem nötigen Blick auf den nur gemeinsam mit der Vokallinie herzustellenden Spannungsbogen. Bei Reger werden da bisweilen in kurzer Zeit extreme Ausdrucksebenen durchmessen, denen das Duo jederzeit gewachsen ist. Beispiele wären das nicht von ungefähr Hugo Wolf gewidmete „Schmid Schmerz“ oder das die CD visionär abschließende „In der Frühe“ nach Mörike.

Daß Reger auch Texte vertonte, die nicht unbedingt zur allerersten Garde zählen, ist nicht die einzige Verbindungslinie, die sich von dieser Einspielung aus zum Zeitgenossen Richard Strauss ziehen lassen. Mit „Glückes genug“ und „Morgen“ hat Reger mehrfach dieselben Vorlagen verwendet wie sein als Vokalkomponist berühmterer Kollege. Und Reger hier keineswegs mit einer Rolle im zweiten Glied abzufertigen, gehört zu den Erkenntnissen, die man Aufnahmen wie dieser verdankt.
Arte Nova 74321 75076 2


Kabarett-Gesänge
Statt-Theater: Lieder aus 15 Jahren

(jmk) Kabarett lebt vom Augenblick – und von der Musik. Ganz naheliegend also, 15 Jahre Statt-Theater mit einem Live-Querschnitt einiger Songs dieser Regensburger Institution zu feiern. Von wegen Institution – so verstaubt ist die Atmosphäre beileibe nicht, die diese Scheibe vermittelt. Da steckt schon Zündstoff drin, wenn der Ausflug zum Wertstoffhof zum gesellschaftlichen Ereignis des Proletariats wird („Come together!“) oder die „Edmundianer“ im Paulanerkeller zum letzten Halali blasen. So wie hier die „heißen Nächte in Palermo“ der ersten allgemeinen Verunsicherung entzogen werden, funktionieren auch andere der Schlager- und Chanson-Adaptionen Eberhard Geyers: Der musikalische Kern des bewährten Materials wird mit einer neuen Textschale umgeben, an der man sich – etwa „am Tag, als der Asylant, unerkannt, Deutschland fand“ – schon mal die Zähne ausbeißen kann. Oder aber das Klischee, das einem Lied anhaftet, wird in der eigenen Version einfach gnadenlos verdoppelt („Ach wie gern wär’n wir Franzosen“).

Das bewährte Quartett Faes/Nikisch/Geyer/Köppl zieht alle Register seiner vokalen und instrumentalen Kompetenz und wird mit manch unverfälscht eingefangener Lachsalve belohnt. Um die treffsicher abgefeuerte Pointe geht es hier, der die musikalische Ausgestaltung erst die nötigen Zündkraft verleiht.

Erhältlich ist die CD direkt beim Statt-Theater oder über das Tonstudio „live is live!“, das diese Eigenproduktion des Theaters betreut hat.

Mit einer bei „live is live!“ produzierten CD der Regensburger Sing- und Musikschule wird der Verein zur Förderung des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder und der Hospizarbeit unterstützt. Auch nach der Weihnachtszeit dürfte die Aufnahme von Orffs Weihnachtsgeschichte durch den Cantemus Chor und weitere junge Mitwirkende der Musikschule unter Matthias Schliers Leitung auf Interesse stoßen. Abgerundet wird sie durch festliche Weihnachtsmusik in großer stilistischer Bandbreite: von der Volksmusikgruppe über die Regensburger Bordunmusik bis hin zu Vivaldi mit dem schuleigenen Kammerorchester.


Samba Songs
Jermaine Landsberger Trio & Gina featuring Helmut Kagerer: Samba in June

Bereits seine dritte CD präsentiert der 1973 geborene Regensburger Tastenkünstler Jermaine Landsberger mit „Samba in June“. Und der Titel ist Programm: Seine Arrangements, die er mit seinem Stammteam Davide Petrocca (Bass) und Matthias Gmelin am Schlagzeug im Sommer dieses Jahres aufgenommen hat, streicheln das Gemüt wie ein warmer Sommerwind. Ganz entspannt interpretiert auch Landsbergers Frau Gina, die wie er aus einer Musikerfamilie deutscher Sinti stammt und – leider – selten auf der Bühne zu hören und zu sehen ist, Bossa-Standards aus der Feder Antonio Carlos Jobims wie „Corcovado“ oder „Fotografia“.

Aber auch andere Töne weiß das Trio anzuschlagen, wenn etwa der Klassiker „In a sentimental mood“ mal ganz anders, nämlich mit viel Funk-Drive daherkommt. Special guest ist Helmut Kagerer, der mit Landsberger ein Faible für Django Reinhardt und ausgefallene Gitarrenklänge teilt. Mit seinem unverwechselbaren Sound setzt er in „Briga nunca mais“ oder Landsbergers Titelsong „Samba in June“ besondere Glanzpunkte.
Edition Collage EC 524-2

Ursula Gaisa (mit freundlicher Genehmigung der Jazzzeitung)

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