Mälzels Magazin

Zeitschrift für Musikkultur in Regensburg

Schriftzug Mälzels Magazin
Hefte2001Nr. 2
mälzels magazin, Heft 2/2001, S. 14–15
URL: http://www.maelzels-magazin.de/2001/2_06_engelhart.html

Fabian Weber

Engelhartstraße

Regensburger Musikgeschichte in Straßennamen

Am 14. März 2001 jährte sich zum 140. Mal der Geburtstag von Franz Xaver Engelhart, der 33 Jahre lang Domkapellmeister in Regensburg war und dessen Name untrennbar mit den Regensburger Domspatzen verbunden ist. Der Grund hierfür ist meist wenig bekannt, zumal Engelhart oft zu Unrecht im Schatten seines Nachfolgers Theobald Schrems steht, von dem im letzten Beitrag dieser Reihe die Rede war. Die Engelhartstraße liegt als Parallelstraße des Weinweges im Stadtwesten, weitab vom „klassischen Musikerviertel“ am Fuß des Galgenberges.

Franz Xaver Engelhart kam im niederbayerischen Geiselhöring zur Welt und wuchs in einem sehr musikalischen Elternhaus auf. Der Aufenthalt im Seminar St. Emmeram und St. Paul in Regensburg sowie der Besuch des Alten Gymnasiums förderten seine musikalische Ausbildung und Entwicklung ungemein. Dazu kam die persönliche Begegnung mit den in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für die Regensburger Kirchenmusik bedeutendsten Persönlichkeiten. Franz Xaver Witt (1834–1888), Michael Haller (1840–1915), Ignaz Mitterer (1850–1924) und nicht zuletzt Franz Xaver Haberl (1840–1910) waren Vorbilder, Lehrer und Ratgeber. Nach dem erfolgreichen Abschluß des Gymnasiums trat Engelhart in das Regensburger Priesterseminar ein, am 3. Juli 1887 empfing er durch Bischof Ignatius von Senestréy die Priesterweihe. Sein erster Dienstort war Furth im Wald, wo er als Kooperator seelsorgerisch tätig war. 1890 kehrte er wieder nach Regensburg zurück, um die Stelle des Kuraten in der Heil- und Pflegeanstalt Karthaus-Prüll zu übernehmen. Bereits ein Jahr später, am 10. November 1891 wurde er von Bischof von Senestréy als Nachfolger von Max Rauscher in das Amt des Domkapellmeisters berufen.

Auf Engelhart wartete mit der neuen Aufgabe eine Vielzahl von Problemen. Die Verhältnisse in der im Domfriedhof gelegenen Präbende waren beengt und auf die Dauer nicht mehr tragbar (ein Umstand, der sich erst 1935 mit dem Umzug in die Orléansstraße ändern sollte). Außerdem war die Zahl der Knabenstimmen in den Jahren der häufigen Domkapellmeister-Wechsel auf etwa 30 zurückgegangen (F. X. Haberl hatte sie 1876 noch von 41 auf 78 erhöht), was eine kontinuierliche Arbeit zusätzlich erschwerte. Vor diesem Hintergrund begann der 30jährige am 1. Adventssonntag 1891 mit Palestrinas Missa Brevis seinen Dienst als Leiter des Regensburger Domchores.

Der junge Domkapellmeister baute den Knabenchor neu auf und verstärkte ihn durch Stadtschüler, die nicht Mitglieder der Dompräbende waren, und durch Theologiestudenten in den Männerstimmen. Zudem suchte Engelhart nach Wegen, mit seinem Chor auch außerhalb des liturgischen Dienstes in der Öffentlichkeit aufzutreten. Am 8. November 1892 konnte man im Regensburger Morgenblatt vom „meisterhaften Vortrag“ des Melodrams Columbus von Julius Becker unter Mitwirkung des Domchores [14/15] lesen. Der 400-Jahr-Feier der Entdeckung Amerikas folgte wenige Tage später die Aufführung des Oratoriums Die heilige Elisabeth von Fidelis Müller, bei dem die Domspatzen wiederum unter den Ausführenden waren. Bischof Ignatius von Senestréy stand den weltlichen Auftritten seines Domchores skeptisch gegenüber. Zwar hatte er in beiden Fällen seine Einwilligung gegeben, generell jedoch schienen ihm „derartige Produktionen“ nicht angemessen.

„Bessere Zeiten“ hinsichtlich einer Öffnung des Domchores für nichtliturgische Veranstaltungen brachen 1906 mit dem Amtsantritt Bischof Antonius von Henles (1906–1927) an. Anders als sein Vorgänger zeigte er sich Engelharts Bestrebungen wohlwollend gesonnen. Seine Erlaubnis ermöglichte die erste Konzertreise des Regensburger Domchores nach immerhin 934 Jahren seines Bestehens; sie sollte zu einem der bedeutendsten Wendepunkte in der Geschichte des Chores werden. Am 16. August 1910 brach Franz Xaver Engelhart mit 60 Sängern nach Prag auf. Die Reise mit dem Zug in die „Goldene Stadt“ erfolgte auf Einladung des Abtes von St. Emaus in Prag, Albanus Schachleiter. In den folgenden Tagen standen zahlreiche Aufführungen der Werke Palestrinas und Lassos auf dem Programm. Die Kritiker der Prager Zeitungen zeigten sich einhellig begeistert über die Leistungen des Chors, von „englischen Harmonien“ und „unvergänglichem Zauber“ wird berichtet und eine „tadellose Reinheit und bleibende Sicherheit der Intonation“ gelobt. Zum ersten Mal taucht hier auch die Bezeichnung Domspatzen für die Sänger aus Regensburg auf. Somit ist der Name untrennbar mit der Person Engelharts verbunden, obwohl er erst viel später unter seinem Nachfolger Theobald Schrems offiziell verwendet wurde.

Im Jahr 1916 konnte Franz Xaver Engelhart sein 25jähriges Dienstjubiläum feiern. Während seiner Amtszeit hatte sich das Umfeld des Chores wesentlich verbessert, immer wieder wies man auch außerhalb Regensburgs auf die „hervorragenden Leistungen des Chores“ hin. Gegen Ende des ersten Weltkrieges wurden Engelhart und den Domspatzen starke Einschränkungen auferlegt: Die Zahl der Präbendisten wurde wegen des durch die Inflation verursachten Anstiegs der Unterhaltskosten vom Domkapitel auf 24 heruntergesetzt, der Rest mußte entlassen werden. Die Geldentwertung hatte Engelharts gesamtes Vermögen, mit dem er in dieser Krisenzeit vor allem die Dompräbende finanziell unterstützte, aufgezehrt. Zum materiellen Schaden kamen gesundheitliche Probleme. Kurz vor Ostern 1924 erkrankte der Domkapellmeister so schwer, daß an die Leitung des Chores während der Kar- und Ostertage nicht zu denken war. Für Engelhart sprang der damals 31jährige Musikpräfekt Theobald Schrems vom Knabenseminar Obermünster ein. Am 14. Juli 1924 starb Franz Xaver Engelhart, nach 33 Jahren als Leiter des Domchores.

Die Werke des Komponisten Engelhart sind leider nur noch selten zu hören. Zu den noch heute bekannten zählen seine Marienlieder, die auch von den Domspatzen manchmal in Maiandachten gesungen werden (so z.B. in St. Cäcilia). Diese Lieder wie auch die Weihnachtslieder sind – wie Karl Weinmann in seinem Nachruf von 1925 bemerkt – „einfach und ungekünstelt, leicht sangbar und doch von einer Klangschönheit und Innigkeit“. Daneben komponierte Engelhart noch zahlreiche Litaneien und eine Vielzahl humoristischer weltlicher Gesänge.


Literatur:
• Alois Krön: F. X. Engelhart. Zum 25jährigen Domkapellmeisterjubiläum, in: Musica Sacra 12/1916, S. 178–183
• Karl Weinmann: Domkapellmeister F. X. Engelhart †, in: Musica Sacra 2/1925, S. 59–64
• Paul Winterer: Die Regensburger Domspatzen, Regensburg 1989

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