Mälzels Magazin

Zeitschrift für Musikkultur in Regensburg

Schriftzug Mälzels Magazin
Hefte2001Nr. 3
mälzels magazin, Heft 3/2001, S. 18–19
URL: http://www.maelzels-magazin.de/2001/3_08_jazzweekend.html

Claus Lochbihler

Neuigkeiten zum 20. Geburtstag

Beim Bayerischen Jazzweekend hat sanftes Kultursponsoring Einzug gehalten

Frischen Wind gab es beim „Bayerischen Jazzweekend“ in Regensburg bereits letztes Jahr: Neben den Bühnen flatterten Fahnen, auf denen das jeweilige Programm aufgedruckt war. Ein kurzer Blick genügte und schon wußte der interessierte Fan auch ohne lästiges Herumblättern in der Programmzeitung, ob denn nun die „Mind Games“ aus München oder die „Characters“ aus Regensburg auf der Bühne spielten. Die simple, aber praktische Idee mit den Fahnen stammt von einem Mann, mit dem beim Bayerischen Jazzweekend professionelles Marketing und Sponsoring Einzug gehalten hat: Jo Schindler, Chef der Regensburger Veranstaltungs-Agentur „motion events“.

Richard Wiedamann, der Vater des Jazzweekend, hatte den Sponsoring-Experten, der für das erfolgreiche Marketing des Regensburger Stadtmarathons steht, letztes Jahr in das Boot der Weekend-Veranstalter geholt, um für das altbewährte, aber notorisch unterfinanzierte Festival und die dort auftretenden Musiker zusätzliche Geldquellen zu erschließen (siehe das ausführliche Interview in Mälzels Magazin 2000, Heft 3). Seit Jahren werden die Musiker mit nur 100 Mark Aufwandsentschädigung abgespeist. 100 Mark für eine oft weite Anreise, den anstrengenden Aufbau der Instrumente, Unterkunft und Verpflegung – viele Jazzer mußten aus eigener Tasche drauflegen, um dabei zu sein, wenn sich die Altstadt für insgesamt rund 50.000 Zuhörer drei Tage und drei Nächte lang in ein gotisches New Orleans verwandelt.

Beim diesjährigen Jazzweekend (5. bis zum 8. Juli) macht sich Schindlers Sponsorenkonzept zum ersten Mal in barer Münze bemerkbar. Der Topf für die rund 500 Musiker und 90 Bands ist durch Schindlers Aktivitäten auf 80.000 Mark angewachsen – 50.000 Mark wie gehabt von Seiten der Stadt und 30.000 Mark an zusätzlichen Sponsorengeldern. Sie stammen von Firmen, die das Festival seit Jahren finanziell oder durch Sachleistungen – Instrumente oder technisches Equipment – unterstützen und ihre Beiträge erhöht haben. Ein Elektromarkt konnte als neuer Sponsor gewonnen werden. Außerdem beteiligen sich die Kneipen und Restaurants an der Aufwandsentschädigung der bei ihnen auftretenden Musiker.

150 Mark statt 100 Mark pro Musiker: Wiedamann bedauert, daß vor dem Hintergrund gestiegener Spritkosten 50 Mark zusätzlich kaum mehr sind als ein dürftiger Inflationsausgleich. Dennoch sei damit ein „erster Schritt für die Musiker“ getan. Unter günstigeren Umständen wäre nach Schindlers Ansicht durchaus mehr an Sponsorengeldern drin gewesen. Wegen des Bürgerfestes, das eine Woche vor dem Jazzweekend über die Bühne geht, hatten sich jedoch einige Firmen, mit denen die Gespräche schon weit gediehen waren, wieder zurückgezogen. „Man ist eben nicht allein mit seiner Veranstaltung“, gibt Schindler zu bedenken. Viele Firmen müßten außerdem erst noch vom Sponsoring-Wert des Jazzweekend überzeugt werden. „Wenn Jazz-Sponsoring, dann bei Festivals mit Staraufgebot wie in Burghausen“, laute oft die Auskunft der Firmen – eine „Nachfrage nach großen Namen“, die ihn schon ein wenig „geschockt“ habe, gesteht Richard Wiedamann, der wiederholt als Kritiker von Event-Veranstaltungen hervorgetreten ist.

Ein Umbau des Jazzweekend zu einer Show, bei der die Veranstalter nur mehr die importierte Jazz-Prominenz aufmarschieren lassen, kommt für Schindler und Wiedamann nicht in Frage. Der gewachsene Eigencharakter soll erhalten werden. Ziel ist der Erhalt und die Fortentwicklung als Podium der Jazzamateure und des Jazznachwuchses. Von der Einmaligkeit des Jazzweekend sind Wiedamann und Schindler überzeugt: Im Gegensatz zu vielen anderen Großveranstaltungen, die die eigene Jazz-Szene kaputt machten, regiere in Regensburg der Förderaspekt: Im Mittelpunkt stehe die heimische Szene und der Nachwuchs vor der eigenen Haustür. Auch musikalisch müsse sich das Weekend keineswegs hinter anderen Festivals zu verstecken. Stilistisch werde auch dieses Jahr wieder – zum Teil auf Profi-Niveau – alles vom Blues über Dixie und BeBop bis hin zu Free-Jazz geboten sein. Die vom Weekend ausgehende Öffentlichkeitswirkung für den Jazz darf nach Schindlers und Wiedamanns Überzeugung ebenfalls nicht unterschätzt werden. Hier werde vielen Leute die Chance geboten, einer Musikform zu begegnen, „die sie sonst vielleicht nie für sich entdecken würden“ – ohne jeden Eintritt und vor einer wunderbaren Kulisse.

Schindlers Konzept nimmt Rücksicht auf diese Gegebenheiten: Das Sponsoring soll sich dem Jazzweekend anpassen und nicht umgekehrt. Er sucht daher nach Firmen, die das Festival „bewahren, aber auch ein Stück weiterbringen wollen“. Am liebsten sind ihm Sponsoren, die nicht nur zahlen, sondern sich – ähnlich wie beim Regensburger Marathon – mit ihren Produkten und Kompetenzen einbringen wollen. Es könne auch nicht darum gehen, „das Weekend zu verramschen“: „Nicht jeder, der gerade mal 200 Mark übrig hat, kann Sponsor werden.“ Für eine „hochklassige Veranstaltung mit vielen Liebhabern“ müsse eine gewisse Preiskategorie und Wertigkeit gelten.

Zum ersten Mal wird in diesem Jahr außerhalb der Altstadt eine Auftaktveranstaltung zum eigentlichen Festival stattfinden: Am Donnerstag spielen auf Einladung und Kosten des Gewerbeparks Regensburg die Dixieland Messengers aus Prag, ein modernes Klaviertrio aus Brixen und eine Fusion-Besetzung aus Aberdeen. Zusammen mit einer polnischen Gruppe aus Breslau, die am Wochenende auftritt, sind beim diesjährigen Festival insgesamt vier europäische Jazz-Nationen vertreten – eine Öffnung nach Europa, die Wiedamann in den nächsten Jahren gerne ausbauen würde. Auch die Verknüpfung mit einem internationalen Symposium, etwa zu Fragen der Musikwissenschaft und der Jazz-Pädagogik ist angedacht.

Drängender ist im 20. Jahr des Jazzweekend jedoch die Frage, wer es in Zukunft organisieren, planen und gestalten soll. Denn trotz aller Visionen ist Richard Wiedamann, der als „grand old man“ des Regensburger Jazz und Leiter des Bayerischen Jazzinstituts lange genug für die Belange des Jazz und seiner Musiker gefochten hat, entschlossen, so bald als möglich die stets unentgeltlich übernommene Planung und Organisation des Festivals abzutreten. Allein die Weichenstellung für eine tragfähige Veranstaltungs- und Organisationsform will Wiedamann noch abwarten. Er hofft dabei auf ein klares Bekenntnis der Stadt zum Jazzweekend: „Irgendein Verantwortlicher muß da sein. Bislang hat die Stadt immer so getan, als ob ich das wäre.“

Von Seiten der Stadt betont Peter Hofmarksrichter, der Leiter des Kulturamts, daß die Stadtverwaltung „ganz stark am Jazzweekend interessiert“ sei. Die Stadt Regensburg werde sich nach dem Einstieg von Jo Schindlers „motion events“ als zusätzlicher Veranstalter nur „personell, aber nicht finanziell zurückziehen“. Der städtische Zuschuß werde sich sogar erhöhen, allerdings müßte das Festival dann für Leistungen, die von der Stadt bislang unentgeltlich erbracht wurden – zum Beispiel die Straßenreinigung – selbst aufkommen. Durch die Zusammenarbeit zwischen Stadt, Bayerischem Jazzinstitut, dem Regensburger Jazzclub und „motion events“ sei die Zukunft des Jazzweekend gesichert. Allerdings müsse eine Lösung für die Nachfolge Richard Wiedamanns gefunden werden. Dabei sei klar, daß die künstlerisch-organisatorische Leitung künftig nicht mehr auf ehrenamtlicher Basis erfolgen könne.

Genaueres erfährt man vielleicht am Sonntag, den 8. Juli, wenn OB Hans Schaidinger zum 20jährigen Jubiläum der swingenden Großveranstaltung einen Empfang im historischen Reichssaal gibt. Richard Wiedamann wird aufmerksam zuhören.

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